Kampfkunst

Taijiquan ist eine vielseitige Kampfkunst und effektive Methode der Selbstverteidigung.

 

Beim Taijiquan konzentrieren wir uns besonders darauf, das Gleichgewicht des Angreifers zu stören und seine Bewegungen zu kontrollieren. Ein Gegner, der aus seiner Balance geraten ist, kann uns nicht mehr gefährlich werden.  Eine besondere Stärke des Taijiquan ist der Kampf in der Nahdistanz. Werden wir angegriffen, gehen wir direkt auf den Gegner zu, nehmen Kontakt auf, „kleben“ an ihm, lassen seine Kraft ins Leere laufen und richten sie gegen ihn selbst:

„Kraft spüren – Kraft verstehen – Kraft umleiten – eigene Kraft hinzugeben“

Wir orientieren uns dabei nicht nur mit den Augen sondern vor allem über den Tastsinn, kämpfen „taktil“. Wir haben dabei zwar eine klare Intention (z.B. „überleben“), nicht aber eine bestimmte Technik im Sinn, sondern lassen uns von unserer Intuition leiten. Die Ebene bewusster gedanklicher Entscheidungen, unser Verstand, ist für solche Situationen zu langsam. Wir müssen innerlich leer werden. Wir bewegen uns einfach, natürlich und flexibel. Unser Angriff startet ansatzlosaus dem Nichts heraus“ in den Bewegungsansatz des Gegners hinein. So können wir die Sätze Chen Wanting`s, des Taiji-Begründers, verwirklichen:

„Ich erkenne jeden, aber niemand erkennt mich.“

„Der Gegner bewegt sich nicht, ich bewege mich auch nicht. Der Gegner bewegt sich, ich bin schon da.“

Um diese Kampf-Weise zu verwirklichen, brauchen wir ein gutes Körpergefühl, einen stabilen, „verwurzelten“ Stand, Sensibilität für unser Gegenüber und eine klar ausgerichtete Ganzkörperkraft. Denn:

„Die Kraft entsteht in den Beinen, wird durch die Hüften gelenkt und wirkt durch die Hände.“

Dieser klassische Satz stellt auch das Zusammenwirken von äußerer Bewegung und innerem Energiefluss dar, auf dem Taijiquan basiert.

 

Wir müssen im Taijiquan also eher Eigenschaften als Techniken entwickeln.
Der Schwerpunkt liegt auf dem „SEIN“, nicht dem „TUN“.
So wird unsere Kunst zu einem WEG (Dao) ganzheitlicher Entwicklung.

 

Aber wie kommen wir dorthin?

Durch ein ausgewogenes Zusammenspiel von Einzel- und Partner-Arbeit, von „Form“ und „Schiebenden Händen“.

Form:

In den Bewegungsabläufen (Formen) erlernen wir die richtige Körperhaltung (Strukturarbeit) und Bewegungsweise (Energiearbeit). Wir arbeiten an unserer inneren Feinmechanik. Und wir entspannen unseren Geist, werden leer. Die Basisübungen „Stehende Säule“ und „Seidenübungen“ helfen uns dabei. Unsere Bewegungen werden immer natürlicher.

Eigentlich kreieren wir dabei nicht etwas neues, sondern wir erobern uns unsere ursprüngliche Natur zurück. Wir entfalten uns, wie wir „schon immer gemeint waren“. 

In den Formen finden wir auch die Kampftechniken des Taijiquan. Dabei kommen sowohl „weiche“ Techniken, wie SchubsenWerfen und Hebeln, als auch „harte“, wie  Schlagen (auch mit dem Ellbogen), Treten (insbesondere Lowkicks und Knietechniken), sowie Waffentechniken zum Einsatz. In den Formen-Kursen führe ich diese Anwendungen (bei uns TaijiPro genannt) vor, wenn wir neue Bewegungsbilder erlernen. Mir ist es wichtig, dass jeder Schüler zumindest eine Idee davon hat, was er da tut, auch, wenn der Kampfkunstaspekt vielleicht nicht sein Fokus sein sollte. Bewegungen, die man versteht, lassen sich besser erlernen und merken.

Partnerübungen:

Das „TUISHOU“ (Schiebende Hände) macht das Taiji anwendbar.

In diesem Übungssystem werden Gleichgewicht, Sensibilität und Reaktionsfähigkeit geschult. Wir lernen zu interagieren, und dabei unsere „Form“ zu halten.

Das Tuishou-Training ist klar strukturiert. Nach einigen Vorübungen arbeiten wir uns durch die „5 Routinen“ zur freien Improvisation vor:

Vorübungen:

Die Basis-Übung ist das Struktur-Schieben, in dem wir lernen, dem Druck des Gegners standhalten zu können und ihn durch unsere Körperstruktur in die Erde abzuleiten. In anderen Übungen werden Weichheit und Sensibilität geschult.

1. Einhändige Schiebende Hände (Danshou Tuishou)

Im kreisförmigen Miteinander lernen wir die Bedeutung der Polarität (Taiji / Yin-Yang) kennen. Wenn der Andere Vordrängt, geben wir nach, weicht er zurück, greifen wir an.

2. Beidhändige Schiebende Hände (Liangshou Tuishou)

Der Bewegungsablauf wird komplexer. Wir üben darin die ersten 4 der 13 Grundtechniken: Abwehren (Balance in alle 8 Richtungen), Zurückrollen, Stoßen und Drücken. Die ersten Schritte kommen dazu: Wir gehen vor und zurück und umkreisen einander.

3. Schiebende Hände mit Schritten (Houbu Tuishou)

Weitere 4 Grundtechniken kommen hinzu: Trennen, Pflücken, Ellbogen- und Schulterstoß. Die Schrittarbeit wird ergänzt: Standen bisher beide immer mit dem gleichen Fuß vorne, stehen wir jetzt auch gegengleich (rechts vorne gegen links vorne).

4. Großes Ziehen (Dalü)

Hierbei üben wir, uns in tiefen Positionen zu bewegen.

5. Hände Zerstreuen = Improvisation (Sanshou).

Jetzt verlassen wir die vorgegebenen Muster und interagieren frei miteinander. Dies wird zuerst kooperativ-tänzerisch, später auch kämpferisch-gegeneinander geübt. Hier fließen die weiteren 5 Grundtechniken Abtauchen, Emporsteigen, spiralförmig Umwerfen, Leere und Agilität sowie die Anwendung der Bewegungsbilder der Formen mit ein. Schrittweise werden auch Hebel, Würfe, Schlag- und Tritt-Techniken integriert. Sanshou stellt das Freikampf-Training des Taijiquan dar.

Sanshou kann in weitere Varianten münden:

Turnier-Tuishou

  • Im „festen Stand“ versucht man das Gleichgewicht des anderen zu stören und ihn zu einem Schritt zu zwingen.
  • Im „bewegten Stand“ drängt man den Kontrahenten aus dem Kampffeld heraus oder wirft ihn zu Boden.

Sanda

Das Taiji-Kick-Boxen. Hierbei sind neben Schlägen und Tritten (u.a. Lowkicks, Knie und Ellbogen-Techniken) auch Würfe und Hebel erlaubt. In China eine Vollkontakt-Disziplin. In unseren Training tasten wir uns vorsichtig daran heran, um Verletzungen zu vermeiden. Es ist eine Übung der Fortgeschrittenen. Auf dieser Stufe ist auch ein kämpferischer Austausch mit Kämpfern anderer Systeme sinnvoll.

 

 

Im MMA / MMA-Light kommt noch der Bodenkampf dazu. Hier können wir alle Aspekte des Kampfes integrieren und im Sparring üben. Als Wettkampfdisziplin bietet es uns eine Plattform, um uns mit Vertretern anderer Kampfkünste zu messen. Um uns als Taiji-Kämpfer gut darauf vorzubereiten, habe ich das „TAIJI-LIGHT-MMA-PROJEKT“ initiiert (s. Seminare).

Selbstverteidigung

Hier üben wir einfache und direkte Techniken. Wir erlernen Strategien und Verhaltensweisen, die uns schützen. Wir lernen, dass wir selbstbewusst und wachsam am sichersten durchs Leben gehen und eine ängstliche „Opfer-Haltung“ genauso zu vermeiden wie überhebliche Provokation. Beides würde gleichermaßen Ärger anziehen.

Waffen

Zum Taijiquan gehören auch Formen und Partnerübungen mit traditionellen sowie modernen Waffen sowie die Verteidigung gegen diese.